Mehr Geld, mehr Motivation?
- Dr. Christina Fritz
- 21. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Warum Geld in der Mitarbeiterführung nicht der Booster ist, für den es oft gehalten wird
„Ich hätte gern eine Gehaltserhöhung.“
„Könnten wir mal über einen Bonus sprechen?“
„Ich hab gehört, andere Praxen zahlen…“
Wenn Mitarbeitende mit solchen Anliegen kommen, gehen bei vielen Führungskräften sofort die Alarmglocken:
„Puh – das wird teuer.“
„Wenn ich jetzt nachgebe, wollen das bald alle.“
„Kommt die Kündigung, wenn ich der Gehaltsforderung nicht folge?“
Und genau da lohnt es sich, genauer hinzuhören.
Bei all dem hier setze ich voraus, dass grundsätzlich faire Gehälter gezahlt werden, mit denen Mitarbeitende ein brauchbares Auskommen haben.
Gehaltswünsche sind selten nur finanziell motiviert
Natürlich geht es beim Arbeiten auch ums Geld – das ist legitim. Aber: In vielen Fällen ist die Forderung nach „mehr Gehalt“ kein Anfangspunkt, sondern ein Endpunkt. Ein Ausdruck von Frust, Unsicherheit oder Ungleichgewicht.
Ein paar Beispiele aus der Praxis:
Eine langjährige Mitarbeiterin bringt sich konstant überdurchschnittlich ein, übernimmt Verantwortung – aber bekommt kaum Rückmeldung. Irgendwann fragt sie nach einer Gehaltserhöhung. Nicht aus Gier, sondern aus dem Gefühl heraus: „Merkt das hier eigentlich jemand?“
Ein Teammitglied sieht, dass neue Kolleg:innen bei weniger Erfahrung auf gleichem Gehaltsniveau einsteigen – und denkt: „Ich bin doch mehr wert – warum zeigt mir das niemand?“
Ein Mitarbeiter fühlt sich nicht gesehen, nicht eingebunden, nicht geführt. Die Frage nach dem Gehalt ist dann oft eine Frage nach der Beziehung: „Wie wichtig bin ich hier eigentlich?“
Geld wird also zum Symbol. Für Anerkennung. Für Zugehörigkeit. Für Gerechtigkeit.
Was Geld leisten kann – und was es schlichtwer NICHT kann
Ja, Geld kann motivieren – kurzfristig.
Ein Bonus kann ein Danke sein.
Eine Gehaltserhöhung ein Zeichen von Wertschätzung.
Aber: Geld ersetzt nicht das, was Führung eigentlich leisten muss.
Geld kann…
✅ kurzfristig Leistung belohnen
✅ ein Zeichen der Anerkennung sein
✅ Bindung unterstützen
Aber Geld kann nicht…
❌ schlechte Führung und schlechte Arbeitsbedingungen dauerhaft kompensieren
❌ die Verantwortung für gute Führung übernehmen
❌ Beziehung oder Vertrauen aufbauen
❌ dauerhaft zufrieden machen
❌ dauerhaft motivieren
Motivation entsteht durch Sinn, Beziehung, Entwicklung – nicht durch Zahlen allein.
Und: Je häufiger du Geld als „Kompensation“ einsetzt (z. B. für Überlastung, mangelnde Wertschätzung oder fehlende Klarheit), desto eher wird es zur Ersatzwährung für gute Führung.
Der Gewöhnungseffekt: Wenn Bonus zur Erwartung wird
Ein weiterer Punkt, den viele unterschätzen: Was heute als Wertschätzung empfunden wird, ist morgen schon Standard. Der Mensch gewöhnt sich an alles – auch schneller als uns lieb ist ans „Mehr“.
Das heißt:
Ein einmaliger Bonus kann Freude auslösen. Ein regelmäßiger Bonus kann motivieren.
Aber: Ein plötzlich ausbleibender Bonus wird eher als "Wegnehmen" empfunden und nicht so, dass man in der Vergangenheit großzügig war.
Mitarbeitende denken dann nicht: „Schade, war ein vorher schönes Extra“, sondern wahrscheinlicher: „Wie, dieses Jahr nichts? Warum?“
Motivation, die sich an Geld hängt, ist nicht stabil. Sie ist abhängig, schwankend – und letzen Endes unzuverlässig.
Was du als Führungskraft tun kannst
Das heißt nicht: Nie Boni zahlen. Keine Gehaltsverhandlungen führen. Im Gegenteil.
Aber: Tu es bewusst. Und eingebettet in echte Führung.
Hier ein paar Fragen, die dir dabei helfen:
Bin ich mir im Klaren darüber, was meine Entscheidung für die Zukunft bedeutet? Bin ich bereit, meiner Entscheidung dauerhaft zu folgen (z.B. Boni regelmäßig auszahlen?)? Und falls nicht: wie gehe ich an dieser Stelle mit dem Team in den Dialog?
Was will ich mit diesem Gehaltssignal ausdrücken? Und bin ich mir über die Konsequenzen bewusst?
Gibt es andere, nicht-monetäre Wege, meine Anerkennung zu zeigen? (z. B. Entwicklungschancen, Verantwortung, gezieltes Lob)
Haben wir intern eine klare Haltung zu Gehalt und Wertschätzung? Oder verhandeln wir immer im Einzelfall?
Kenne ich die Motivationen meiner Mitarbeitenden? Weiß ich, woran sie Freude haben, wofür sie brennen? Kann ich dazu beitragen, dass sie gerne motiviert zur Arbeit kommen?
Ist mein Team grundsätzlich eingebunden, gehört, gesehen? Oder wird Anerkennung ausschließlich über Geld geregelt?
Wenn du dich intensiver zu dem Thema mit mir austauschen möchtest: ich freue mich über deine Nachricht!
Höre dir zu diesem Thema auch gerne den Podcast #039 | Motivationskiller oder Turbo-Booster: Die Rolle von Geld in der Mitarbeiterführung